Der Zeitpachthof Jennewitz

Anfänglich wurden die Domänen Mecklenburgs durch die Ämter direkt verwaltet. In der Regel war ein Amtsverwalter für mehrere Domänen zuständig. Da machte auch Jennewitz keine Ausnahme. Wie das in der Praxis aussah, konnte ich bislang noch nicht in Erfahrung bringen. Denkbar ist, dass vor Ort ein Vorarbeiter die Anordnungen des Verwalters während seiner Abwesenheit umsetzte und für Ordnung sorgte.

Jennewitz gehörte auch zu den Domänen, die augenscheinlich infolge des Dreißigjährigen Krieges verpfändet wurden. Von 1643 bis 1712 wurde der Hof an den kgl. Obrist Lieutenant Arendt Levezow zu Schorrentin verpfändet. Einzelheiten über die Gründe sind den Akten genauso wenig zu entnehmen, wie die Art der Bewirtschaftung in diesem Zeitraum.

Als eine der ersten Domänen im Herzogtum Schwerin begann für Jennewitz die Ära als Zeitpachthof. Nachdem der Hof 1712 aus der Verpfändung entlassen wurde, verpachtete die herzogliche Kammer den Hof sofort an einen Johann Christian Steinbecken.

Zuerst waren die Pachtverhältnisse etwas verworren und es ließ sich den Akten keine einheitliche Linie entnehmen, was Dauer und Modalitäten der Verpachtung betreffen. Nachfolgendes Zitat erklärt dazu einiges:

… doch hatte man schon seit längerer Zeit mit der Verpachtung einzelner Güter begonnen, wenn dies auch bis zum Jahr 1805 nur nach einer von der Cammer aufgestellten Taxe und unter der Hand stattfand. Mit diesem Jahre wurde die öffentliche und meistbietende Verpachtung der einzelnen Domanialhöfe, anfänglich in einzelnen Fällen, später auch häufiger geübt.

aus “Beiträge zur Statistik Mecklenburgs“ von 1865, herausgegeben vom "Großherzoglichen statistischen Bureau” in Schwerin

In den Hofakten liegt ein Brief von 1720, in dem ein Pächter Jochim Lange um Pachtminderung bittet. 1739 veröffentlichte das Herzoghaus eine Liste von Domänen, die Johanni 1740 neu verpachtet werden sollten. Darunter auch Jennewitz:

Bereits 1750 wurde ein Vertrag mit einem Zarnekoe bis 1770 abgeschlossen. Für 1775 liegt ein Vertrag mit einem Adam Zarnekow vor. Dieser wurde im Beichtkinderverzeichnis von 1751 als Sohn des Johann Zarnekow aufgeführt. Was zwischenzeitlich passierte, geht aus den Hofakten nicht hervor.

Bereits 1777 wurde das Gut erneut verpachtet. Diesmal an den Pächter Jochim Christian Freund, der einen Vertrag bis 1790 erhielt. Dieser wurde 1790 um 21 Jahre für den Pensionär Freundt – offensichtlich – verlängert. Da im Vertrag kein Vorname steht und mit dem Titel Pensionär ein Gutshofpächter definiert ist, handelt es sich sehr wahrscheinlich, trotz unterschiedlicher Schreibweise des Namens Freund(t), um die selbe Person. Wann und unter welchen Umständen die Hofpacht vom Pensionär Freund auf den Pächter Gronow überging ist noch zu ermitteln.

1810 bis 1817 verhandelten das Domanialamt und der Pächter Gronow über dessen Zahlungsunfähigkeit. 1817 endeten diese mit der Zession des Hofes und der ersten öffentliche Pachtversteigerung für Jennewitz:

19. Mai 1810 10:00 Uhr öffentliche Pachtversteigerung. Als Sicherheit sind 300 Reichstaler zu hinterlegen. Verpachtet werden Hof und Windmühle.

Schwerinsche Anzeigen im Mai 1810

Mit dieser Versteigerung hatte die herzogliche Kammer wohl etwas Pech. Den Zuschlag an diesem Termin bekam ein Pensionär Schönrock. 1810 (1. Juni) verfügte der Herzog die Abmeierung des Pächters Gronow und die Einsetzung des Pensionärs Schönrock. Dieser trat die Pacht jedoch nie an. Ob ein, bislang noch nicht transformierter Beschwerdebrief eines Carl Sentlitz über den Pächter Schönrock zu diesem Sinneswandel der herzoglichen Kammer führte, ist noch unklar.

1810 (31. August) verfügte der Herzog die Verpachtung an Landwirt Havemann von Johanni 1810 bis Johanni 1811 sowie von 1811 bis 1824. Wie seine Kollegen musste auch der Jennewitzer Pächter eine Jahrespacht als unverzinste Kaution zur Sicherheit für seine Verpflichtungen hinterlegen.

1817 (16. Juli) wurde eine Inventarliste erstellt, bei der von Jennewitz und Diedrichshagen die Rede ist. Eingangs wurde die Pensionärin Hamann genannt. Nicht belegt aber wahrscheinlich, war ein Erbfall der Grund für die Inventur:

  • elf Pferde, einzeln augeführt nach Alter, Farbe, Geschlecht, Fohlen wurden aufgeführt, aber nicht mitgezählt.
  • zwanzig Ochsen, davon zwölf Kühe und zwei Stiere;
  • an Schweinen: eine Sau mit neun Ferkel, eine Sau mit sechs Ferkel, ein Eber, vier Pölcke, eine trächtige Sau, dreizehn kleine Pölcke;
  • Gänse: zwölf alte, fünfzig junge;
  • vierzig Hühner;
  • Diverses Ackergerät: ein beschlagener Wagen mit Zubehör, zwei Wagen mit Zubehör, ein halb beschlagener Wagen, zwei kleine halbbeschlagene Wagen, zwei Pflüge mit zugehörigen Eisen, fünf Haacken mit Eisen, drei Eggen; diverses Mobiliar.
  • Zu Diedrichshagen sind 25 Kühe aufgeführt.

1817 hat es erneut einen Pächterwechsel gegeben. Der unten stehende Ausriss der entsprechenden Anweisung der Schweriner Kammerverwaltung an das Amt Doberan ist ein gutes Beispiel für Text und Layout derartiger Korrespondenz:

Cammeranweisung 1817

Der Text des Briefes Lautet:

Den Threuesten und Ehrsamen
unsern lieben getreuen Beamten
zu
Dobberan

Friedrich Franz von Gottes Gnaden
Großherzog von Mecklenburg

Unsern respe. gnädigsten Gruß zuvor (…). Ehrsame; liebe Getreue! Es hat der Pensionair Burwitz zu Satow den mit den Pensionair Havemann wegen der Pachtung Jennewitz unterm 17n (…). M. abgeschlossenen Cessions-Contrakt weiter auf den Carl Maercker transferieret und (das) nun gethane Übertragung unsere Genehmigung gefunden. So empfanget ihr die ausgefertigte Translations-Note hieneben, mit dem allergnädigsten Befehle: solche den contrahierenden Theile, gegen Besichtigung der auf der Anlage verzeichneten an die Behörde einzusendenden Gebühren zu extradirenen, das Pachtstück selbst aber dem Pensionario Carl Maercker (ab…) revisione inventarii in Termino Johanni a. c. zu überweisen, und wie solches geschehen accluso protokollo anhero zu berichten.

Wir verbleiben euch resp. mit Gnaden gewogen.

Begeben auf unserer Vestung Schwerin am 27. Jan. 1817

Schweriner Kammerverwaltung an das Amt Doberan 1817

Damit waren die Wirren um die Hofpleite von 1810 abgeschlossen. Nähere Einzelheiten werde ich noch recherchieren. Es existieren noch ungelesene Akten dazu.

Von 1831 bis 1852 bekam C. Maercker einen Anschlussvertrag. Dies deutet auf eine ordentliche Bewirtschaftung des Hofes hin.

1851 wurde die Neuverpachtung des Hofes ausgeschrieben und der meistbietende bekam den Zuschlag. Die entsprechende Anweisung lautete: » Der Hof Jennewitz ist dem O….rmann W. Jörges aus AltWendorf für die in der Liquidation am ….offerierte jährliche Pacht von 2.800 ?? Courant auf 14 Jahre, von Johannis 1852 – 66 zugeschlagen worden. Schwerin, den 27. August 1851. Großherzoglich Mecklenburgische Cammer.«

Wie zu erkennen ist, wurden auch die Pachtperioden nicht einheitlich gehandhabt. Angestrebt wurde zwar eine Pachtdauer, von einem ganzen Vielfachen der jeweiligen Schlagrotation, aber Abweichungen waren normal und verhandelbar.
Stichtag für die Übergabe bei einem Pächterwechsel war Johanni. Das hatte eine lange Tradition, die in der besonderen Bedeutung dieses Tages in der Landwirtschaft zu suchen ist. Für Ackerbauern ist die letzte Junidekade die ruhigste Zeit innerhalb der Wachstumsperiode. Die Feldbestellung ist abgeschlossen, die Heuernte oft auch und die Getreideernte wie auch die Wiederbestellung hat noch nicht begonnen.
Die Übergabemodalitäten wurden dann wieder, ganz in guter alter deutscher Tradition, genau geregelt. So war genau vorgeschrieben, was alles der neue Pächter dem abziehenden zu erstatten hatte und in welcher Höhe.

Ein interessanter Parameter ist beim Vergleichen von Landwirtschaftsbetrieben noch heute die Größe der zu bewirtschaftenden Fläche. Die Antwort auf die Frage: » Wer hat den größten – Hof? « hat schon zu seltsamen Ergebnissen geführt. So müsste Polen eigentlich, gemessen an den Entschädigungen für 1945 vertriebene Bauern, doppelt so groß sein …
Aber das nur neben her. Für den Hof Jennewitz wird für 1863 eine Gesamtfläche von 107.951 Quadratruten. Damit liegt Jennewitz bei der Größe der Domänen Mecklenburgs im unteren Mittelfeld. Als mittlere Größe für Mecklenburger Zeitpachthöfe wurden für 1863 rund 190.000 Quadratruten ermittelt. Die Domänen im Amtsbereich Doberan hatten eine durchschnittliche Größe von 152.000 Quadratruten. Die sieben kleinsten Domänen Mecklenburgs waren weniger als 170 ha groß, während die drei größten eine Fläche um 900 ha zu bewirtschaften hatten. Eine Vorstellung über die baulichen Gepflogenheiten vermittelt untenstehender Ausriss:

[aus “Beiträge zur Statistik Mecklenburgs“ von 1865, herausgegeben vom "Großherzoglichen statistischen Bureau” in Schwerin]

Die Größe der Domänen war aber nie eine statische Angelegenheit. Jennewitz ist ein gutes Beispiel dafür, wie ständig um die Hofgrenzen gestritten wurde. Das Kapitel Chronik in dieser Site ist voller Einträge mit Gesuchen und Eingaben, die Landforderungen vom Gut beinhalten.
So wurden die Ländereien für den Erbmüller und den Büdnereien vom Gut abgetrennt. Selbst der Hundehäger Förster stritt sich permanent mit dem jeweiligen Gutspächter um Land.

Die Pachtverträge waren auch in landwirtschaftlichen Fachentscheidungen sehr restriktiv. Verhindert sollte in jedem Fall die Auslaugung des Bodens werden. So waren die Fruchtfolgen vorgeschrieben und es durfte kein Heu oder Stroh verkauft werden.

Johanni 1863 lebten auf auf dem Gut Jennewitz 68 Seelen in zehn Haushalten.

Wie es auf dem Hof Jennewitz, bis zu seiner Auflösung 1945, weiter ging werde ich noch recherchieren und aufschreiben.


Artikel aktualisiert am 22.08.2023